Donnerstag, 28. Februar 2008

Design + Entwicklungszusammenarbeit?


Im Rahmen meiner Laureatsarbeit entwickle ich eine Schultasche für Flüchtlingskinder aus Burma. Im Grunde genommen handelt es sich hierbei nicht um Flüchtlinge sondern um so genannte IDP (Internally Displaced Persons), die in ihrem eigenen Land vor den brutalen Angriffen des Militärregimes auf der ständigen Flucht sind. Diese Situation herrscht inzwischen schon seit knapp 60 Jahren in Burma,  genauer gesagt im Karen-State, was dazu führt, dass die Menschen auf der Flucht geboren werden, leben und sterben. Für uns „Westler“ ein Zustand den wir uns nur ansatzweise vorstellen können.
 
Auf diesem Blog sind alle Fortschritte dokumentiert. So wünsche ich dir viel Freude beim Schmökern und hoffe, dass du die Seite mit mehr Wissen verlässt als wenn du sie aufgerufen hast…

 
 
 

Montag, 25. Februar 2008

Einblick in das Familienleben


Am Samstag Nachmittag war Agnese von ihren Schülern eingeladen, deren ihr zuhause und somit ihre Familien zu besuchen. Weil ich die Schüler schon kannte durfte haben sie mich auch mitgenommen. Normalerweise verlassen die Schüler nicht die Schule, ausser sie bewegen sich mit dem Schulbus oder sie sind in offizieller Begleitung. Seitdem einer der Schüler von der Polizei festgenommen wurde, da er keine Dokumente dabei hatte und es sich herausstellte, dass er kein Thai sonder ein Karen sei, haben alle Schüler einen provisorischen und nicht offiziellen, dennoch funktionellen Schülerausweis erhalten, auf welchem in Thai und Englisch ihre Information stehen. Auch heute mussten sie diesen tragen sonst wäre Agnese nicht mit ihnen auf die Straße: “To dangerous!“ 
Mit dem Fahrrad besuchten wir zwei verschiedene Familien, die alle unter sehr armen Bedingungen in der ländlichen Umgebung von Mae Sot leben. Unser dritter Besuch war beim Zuhause eines 17 jährigen Jungens, dessen Familie in Burma lebt und er diese seit einigen Jahren nicht mehr gesehen hat. Damit er die Schule besuchen kann wohnt er bei seinem Onkel. Spontan kletterte er auf eine Palme im Hintergarten und lud uns auf ein paar frische Kokosnüsse ein. 
 
Was mich beeindruckte war, dass die Kinder bzw. Jugendlichen trotz ihres Erlebten ein großes Herz haben und viel und herzlich lachen können. 
 
Ebenso bemerke ich, dass es mir unmöglich ist eine rein analytische und rationelle Berichterstattung auf diesen Blog zu stellen, da hier viel mit dem Herz gearbeitet werden muss und man mit dem Kopf oft nicht weit kommt.

Sonntag, 24. Februar 2008

Mae La Oon - Eindrücke


Dass ich mich in einer anderen Welt befinde, 
habe ich diese Woche ernüchternd feststellen dürfen. 
 
Mae La Oon
Für diesen Trip war es die ideale Vorbereitung, dass ich an meinem ersten Tag hier, Thailands größtes und ältestes Flüchtlingslager Mae La ansehen durfte. Denn am Mittwoch Morgen fuhr
en wir zu neunt mit dem vollbeladenen „Helfen ohne Grenzen“-Pickup acht Stunden nach Mae La Oon. Unser Team bestand aus dem Vorsitzenden von Helfen ohne Grenzen (H.O.G.) Benno Röggla, Ann (Vorsitzende von H.O.G.-Thailand, Thai), Chaung Ku (Mitarbeiterin, Karen), Lena (freiwillige Mitarbeiterin, deutsch), Orn (Volunteer, Thai), Agnese (ital. Englischlehrerin), Massimiliano (ital. Fotograf), Ywa Hay (ZOA-Mitarbeiter, Karen) und mir. Die letzten drei Stunden ging es über eine buckelige nicht asphaltiere und extrem staubige Erdstraße durch bergiges Dschungelgelände. Mit einem weichgeklopften Hinter kamen wir kurz vor der Dämmerung, in einem dicht bewaldeten Dschungeltal, in der Mitte vom Nirgendwo an. Ohne unseren „Guide“ Ywa Hay hätten wir dieses Versteck niemals gefunden. Unser Besuch benötigte die entsprechende Vorbereitung. Benno musste schon einen halben Monat bevor wir kamen unsere Passkopien eingereicht haben, damit wir an den verschiedenen Schrankenkontrollen, die seit dem Mord in der vergangenen Woche enorm intensiviert wurden, vorbei gelassen wurden. 
 
Mae La Oon beherbergt ca. 16.000 Flüchtlinge davon sind knapp 7.000 Kinder und Jugendliche die in die Schule gehen. Jeden Monat kommen ca. 280 neue Flüchtlinge dazu, doch das Camp hat kein Aufnahmelimit. Rund um das Camp sind über 160 Sicherheitskräfte eingesetzt um sich vor einem Angriff zu schützen. Die Menschen leben in den besagten Bambushütten, deren Dächer mit  getrockneten Blättern des Teakbaums gedeckt werden. Der Hygienestandard ist nicht sehr hoch, doch die Menschen sind zäh und haben schon einiges erlebt. Zumindest haben sich die Flüchtlinge hier auf der thailändischen Seite weniger zu fürchten als jene Flüchtlinge auf der burmesischen Seite in den so genannten „Free-Fire-Zones“, in denen, wie es der Name schon sagt, frei geschossen werden darf. Auch wenn es bis zur Grenze Luftlinie ca. 6 km gewesen wären, waren wir froh auf der thailändischen Seite zu sein.
 
Für einen Designer der sich auf der Suche nach Problemen und Aufgabenstellungen befindet, ist ein solches Camp ein gefundenes Fressen. Doch stellt sich mir immer wieder die Frage: „Braucht's denn des?“ Ebenso unterschätzt man leicht, so geht es mir auch, unter was für Umständen die Leute hier leben und arbeiten bzw. sich beschäftigen.
Offiziell arbeiten darf in Thailand keiner von den Karen-Flüchtlingen. Sie werden geduldet. Ebenso erschwert die Infrastruktur die westliche und hier nicht integrierbare Denkweise, denn hier laufen die Dinge nunmal einfach ganz anders als bei uns in der heilen und wunderbar funktionierenden Welt. Leider gibt es hier keinen Kurierservice der mal eben drei Stunden über eine staubige bzw. in der Regenzeit extrem schlammige „Buckelpiste“ fährt um dir ein Ersatzteil für deine „Designprojekt“ oder was es auch sein mag, bringt. Eine Herausforderung, die ich zuvor unterschätzt hatte.
 
Untergebracht wurden wir im „Mae La Oon Guesthouse“, was schon an sich eine Paradoxie ist. Denn für dortige Verhältnisse war Bambushütte mit separaten Schlafkammern für je zwei Personen, einer Schlafmatte, ein paar Decken, Kopfkissen und Moskitonetz einfach gesagt absoluter Luxus. Im Lager besteht akute Malariagefahr, daher mussten wir besonders aufpassen und uns regelmäßig Mückenmittel auftragen. Gekocht haben wir selber in der großräumigen, dennoch sehr spartanischen Küche der Versammlungshütte. Chaung Ku verwöhnte uns mit köstlicher traditioneller Karenküche.
 
Am Donnerstag besuchten wir am Vormittag eine Bibliothek, welche von H.O.G. unterstützt wird. Nach dem Mittagessen, was hier immer sehr regelmäßig um 12 Uhr eingenommen wird, was ich sonst nur von meiner Oma kenne, hatten wir ein Meeting mit der Lagerleitung. Später kamen neun blinde Flüchtlinge im Alter von 20 bis 65 dazu, von denen fast alle durch Minen erblindet sind und teilweise Gliedmaßen verloren hatten. Jeder von ihnen erzählte uns seine Geschichte und wir erfragten, was sie gerne machen würden um etwas Geld verdienen zu können. Viele hatten den Wunsch ein Schwein zu besitzen  oder einen Shop zusammen mit ihrer Familie zu betreiben. Teilweise sind die Männer Väter von 4 bis 5 Kindern. Nahrungsmittel werden von der ZOA, welche übrigens der einzige Geldgeber für dieses Camp ist, gestellt. Darin sind Reis, Öl, Fischpaste und Bohnen beinhaltet. Den Rest müssen sich die Leute selbst beschaffen. Zu jagen gibt es im den leer geplünderten Dschungel wenig.Einer der Blinden hatte den Wunsch mit Bambus zu arbeiten, da er sehr gut mit dem Material umgehen konnte. Das Problem dabei ist, dass die Flüchtlinge in Thailand keinen Bambus schneiden dürfen, da es dazu eine „Permission“ braucht. Den Bambus wie Nahrungsmittel bekommen sie vom Thailand Burma Border Consortium (TBBC), die sich ihrer annehmen. 
Das Meeting wurde schließlich mit einer kleinen Spendenausgabe in Form von Kleidung und Kuscheltieren von H.O.G. beendet.
 
Am Nachmittag wurden wir von unserem „Guide“ Ywa Hay durch das Lager geführt, wir besichtigten einen „Computerraum“ in der Schule und wurden schließlich in seinem Haus/Hütte eingeladen. Auch wenn man in Mitten ihrer Hütten steht, ist es schwierig sich in das Leben der Menschen hier hineinzuversetzen.
So beschäftigt mich momentan die Frage:
 
Ist den Menschen hier wirklich mit einem wasserdichten Schulranzen etwas geholfen?

Schulbesuche

Literacy Development Foundation
 
Es ist eine von den wenigen drei Karen-Schulen, die hier auf der thailändischen Seite von H.O.G. unterstützt werden. Mit knapp 60 Schülern vom Kindergartenalter bis ca. 12 Jahren haben die vier Lehrer, welche unter anderem für die Kinder auch kochen, jede Menge zu tun.
 
Kwe Ka Baung 
 
Die Zweite Lerneinrichtung welche ich zusammen mit Agnese, die römische Englischlehrerin, besuchte war die „Kwe Ka Baung Karen National School“. Die Schule liegt im Zentrum von Mae Sot und ist keine Schule so wie unser einer sie kennt. Hier leben einige der Schüler zusammen mit den Lehrern, die anderen kommen jeden Tag mit dem „Schoolbus“, was ein mit Menschen vollbeladener Pickup ist, andere fahren mit dem Rad. Diejenigen die hier leben, kochen, essen und schlafen im selben Gebäude und teilen sich gemeinsam drei Toiletten. 
Das kann manchmal recht  eng werden, wenn die Schule insgesamt ca. 200 Schüler zählt. 
Hier werden Sprachen wie Karen, Thai sowie Englisch unterrichtet als auch Mathematik, Chemie, Physik etc.

Samstag, 16. Februar 2008

Mae Sot

Ankunft
Innerhalb 18 Stunden hatte ich mich von München nach Mae Sot bewegt. Erstaunliche Geschwindigkeit. Erstaunlicher Temperaturunterschied. Wie es nicht anders kommen konnte, war mein erstes Abendmahl in Asien eine „italienische Brotzeit“ mit Rotwein, Weissbrot und Salami. Dass ich zu einem verzwickten Zeitpunkt hier angekommen bin, stellte sich recht bald heraus. Denn am Abend vor meiner Ankunft wurde der Führer der Karen National Union (KNU), Mahn Sha, von Unbekannten in seinem Haus hier in Mea Sot erschossen. Dazu kommt die Tatsache, dass innerhalb der letzten zwei Wochen insgesamt drei Karen umgebracht wurden. Unterm Strich, es ist recht unruhig hier. (Weitere Infos)
Für uns Europäer besteht allerdings soweit keine Gefahr, es handelt sich hierbei um die Konflikte zwischen den verschiedenen Volksgruppen. Ein großer Nachteil, der für die NGOs (Non-Governmental Organization) dadurch entsteht, ist jener, dass je größer die Spannungen und Unruhen sind, um so weniger ist eine effektive Kooperation möglich, denn es entsteht ein allgemeines Misstrauen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Besuch in einem Flüchtlingslager
Nichts desto trotz bin ich gleich am nächsten Morgen zusammen mit einem amerikanischen und einem italienischen Fotografen, sowie einer kanadischen Reporterin nach Mae La gestartet. 
Mae La ist das größte der Flüchtlingslager in Thailand mit ca 51.200 Bewohnern. Das beträgt in etwa die Hälfte von Bozen. 
 
Wer kann sich die Hälfte aller Bozner im Dschungel vorstellen?
 
Im Gegensatz zu anderen, temporären Flüchtlingslagern auf der Welt bleiben die Flüchtlinge hier auf längere Zeit. Viele Menschen werden in den Lagern geboren, gehen hier zu Schule und gründen Familien.
Man kann es sich wie eine improvisierte Stadt aus Bambus vorstellen; ein Zeltlager auf Lebensdauer.